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23.12.2012

IKEA steinigt Altona

Ein Feuerloescher TV Clip zur Grundsteinlegung für ein IKEA-Moebelhaus im Altonaer Wohngebiet vom 19.12.2012.





"IKEA steinigt Altona" lässt sich filmisch, musikalisch und inhaltlich einordnen
in die bekannte damalige Feuerloescher-TV-Reihe:

 
 

zur Erinnerung:
http://feuerloescher-tv-ikea-frappant.blogspot.de/





Der Text der Rede zur sogenannten Grundsteinlegung ist in Gänze mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin hier nach zu lesen:


Wir sprechen heute hier zu dem feierlichen Ereignis der Grundsteinlegung als Nachbarn und Anwohner_innen und im Namen von 8.700 Menschen, die gegen IKEA unterschrieben haben und für 18.480 Menschen, die bei der Public-Relation Kampagne „Pro-IKEA (genannt „Bürgerentscheid“) mit „NEIN“ gestimmt haben.

Wir übergeben heute den Verantwortlichen aus Politik, Bezirksverwaltung und Baubehörde der Stadt ein Paket mit Dokumenten, von denen wir wollen, dass die in den Grundstein mit eingemauert werden, um der Nachwelt zu künden, unter welchen undemokratischen ja rechtswidrigen Umständen dieser Bau vorangetrieben und zum Ende beschlossen wurde.

Wir übergeben :

1) eine Kopie des amtlichen Endergebnisses der Abstimmung über das Pro – IKEA Bürgerbegehren am 19.01.2010.

2) Unterschriftenliste von Pro-Ikea mit der Suggestivfrage:“Sind sie dafür, dass in Altona – Altstadt ein IKEA Möbelhaus gebaut wird und der Stadtteil dadurch nachhaltig belebt und attraktiver wird?

3) Informationsblatt von Pro-IKEA mit einseitiger propagandistischer Darstellung des Vorhabens.

4) Stimmzettel für den Bürgerentscheid mit der oben genannten Suggestivfrage.

5) Unterschriftenliste der IKEA Gegner mit der Fragestellung: „Sind sie dafür, dass in Altonas Zentrum (Gr. Bergstr.) kein IKEA Möbelhaus gebaut wird und die Bezirksversammlung des Bezirksamtes Altona ein Planverfahren einleitet, mit dem Ziel, dass Einzelhandelsverkaufsflächen auf max. 5000 qm je Laden beschränkt werden?“

6) Presseerklärung des Senats der Stadt Hamburg vom 26.01.2010 in der die Ansichziehung (Evokation) des Vorhabens mitgeteilt und deren Gründe erklärt werden.
7) Presseerklärung des Vereins „Mehr Demokratie“ e.V. vom 21.01.2010, in der unter der Überschrift: „So wird das Instrument beschädigt“ eine erste Würdigung des Verfahrens vorgenommen wird.

8) Verwaltungsgerichtliche Klage der IKEA Gegner vom 20.01.2010, in der baurechtliche Einwände erhoben und das zuerst eingereichte eigene Begehren geschützt und die Unrechtmäßigkeit des eine Woche später eingereichten PRO-IKEA Begehrens gerichtlich festgestellt werden soll.

9) eine weitere verwaltungsgerichtliche Klage vom 28.06.2011 als Fortsetzungsfeststellungsklage - auch zum Zwecke der Rechtsfortbildung erhoben, nachdem die erste Klage allein aus formaljuristischen Gründen zur Verhandlung nicht zugelassen worden war.

Beide Klageschriften benennen die juristischen Winkelzüge bei der Durchführung der beiden konkurrierenden Bürgerbegehren genau und zeigen die gravierenden Rechtsbrüche zugunsten des Begehrens der IKEA Befürworter auf. Sie sollen also der Nachwelt zur Kenntnis gebracht werden, damit die sich ein eigenes Bild machen kann.

Die zweite Klage wurde von uns Antragstellern zurückgezogen, als wir erkennen mussten, dass in der Sache nicht entschieden werden, sondern die Klage abgewiesen werden sollte allein mit der Begründung, die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens seien nach dessen Beendigung nicht mehr klageberechtigt.

Eine solche Klageabweisung, die jedem Nachfrager immer erst hätte erklärt werden müssen, sollte nicht „das letzte Wort“ in dieser Sache sein. Der Vertreter des Stadt als Beklagte hätte übrigens gerne ein abschließendes Urteil gehabt. Auch dies war ein Grund : den Gefallen wollten wir Antragsteller der Stadt nicht erweisen.

Gerne hätten wir aber gerichtlich geprüft gesehen:

1) ob die Evokation durch den Senat überhaupt rechtens war und

2) ob der Scheinbeitritt der Bezirksparteien rechtens war, ob es also rechtens war, dass diese dem PRO-IKEA Begehren NICHT beigetreten sind, obwohl sie (außer Die Linke) für IKEA waren. Dies geschah,

DAMIT hier der Bürgerentscheid durchgeführt werden konnte. Danach aber traten die gleichen Parteien (außer DIE LINKE) unserem Bürgerbegehren gegen IKEA bei (obwohl sie für IKEA waren!) und zwar DAMIT der Bürgerentscheid für unser Begehren NICHT durchgeführt werden musste – obwohl alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren. Der letztere parlamentarische Trick war gefahrlos, weil der Senat bereits evoziert hatte und stellte einen letzten Liebesbeweis dar, den sie als Bezirkspolitiker IKEA überhaupt noch erweisen konnten.

Apropos Evokation: eine Hamburger Besonderheit. Dieses Mittel, das wie ein Damoklesschwert über jedem Bürgerbegehren hängt, stammt noch aus der Hitlerzeit, was den Senat nicht hindert, sich noch heute dessen schamlos zu bedienen, sobald es ihm in den Kram passt.

Wir kommen jetzt erneut auf die von uns am Anfang genannten absoluten Zahlen des Abstimmungsergebnisses zurück. Das ist wichtig, weil im kollektiven Gedächtnis nur zurückzubleiben droht, dass ja 77% der im ganzen Bezirk abgestimmt habenden Menschen sich für IKEA entschieden hätten.

Als wir Gegner der Ansiedlung von IKEA einen Tag vor der (vom Wahlleiter vorzeitig angesetzten!) Abstimmung über das Pro – IKEA Begehren 8.700 Unterschriften abgaben, taten wir dies vor allem, um den Verdacht zu entkräften, wir hätten unsere eigenen Stimmen nicht zusammen bekommen.

Wir hätten aber bis zum Ablauf unserer Frist noch 1 ½ Monate weiter die Menschen aufklären und Unterschriften sammeln können und hätten so ohne weiteres noch die 10.000er Marke übertreffen können. IKEA kann zudem sicher sein, dass die 18.480 NEIN- Stimmen bei der PRO-IKEA Werbekampagne überwiegend aus dem Bereich kommen, in dem von uns die Nein – Unterschriften gesammelt wurden. Das sind zum ersten die Stadtteile Altona-Altstadt, Altona – Nord aber vor allem auch Ottensen. Das ist aber auch der Bereich, aus dem IKEA die zusätzliche innerstädtische Kundschaft ziehen will, die zu der überregionalen Kundschaft dazu kommen soll, damit das Experiment einer dritten Filiale mitten in der Stadt überhaupt gelingen kann. IKEA sollte sich die 18.480 NEIN-Stimmen also genau ansehen. Das sieht gar nicht gut aus!

Was wurde nun aus Allem gelernt? Ein Ergebnis ist, dass seit einer Einigung der Rathausparteien mit dem Verein „Mehr Demokratie“ zur Verbesserung der Durchführungsbestimmungen für Bürgerbegehren in diesem Jahr alle Bürgerbegehren vor ihrer Ingangsetzung eine rechtliche Vorprüfung bezüglich ihrer Zulässigkeit zu durchlaufen haben. Wäre dies damals 2009 / 2010 schon der Fall gewesen, wäre das Pro-IKEA Bürgerbegehren allein wegen seiner suggestiven und irreführenden Fragestellung und der einseitigen propagandistischen Darstellung des Vorhabens als alternativlos bei der rechtlichen Vorprüfung durchgefallen.

Als Hauptakteure des Polittheaters das diesem Bau vorausgegangen ist
(übrigens: ganz großes Kino!) müssen zweifellos gelten:

1) Uwe Szczesny, der damalige CDU – Fraktionsvorsitzende

2) Jürgen Warmke-Rose, der Bezirksamtsleiter in seiner Funktion als Wahlleiter für die Bürgerbegehren

3) Anja Hajduck, die damalige Senatorin also die Chefin der Baubehörde.

Sie alle mögen heute denken, sie hätten sich ein Denkmal gesetzt.
Für uns sind es aber die Hauptschuldigen an dem stadtplanerischen Verbrechen das der Lebensqualität unseres Stadtteil Altona-Altstadt angetan wurde.

Wir kommen zum Schluss. Üblicherweise werden einem Bauvorhaben bei der Grundsteinlegung die allerbesten Wünsche mit auf dem Weg gegeben. Dazu können wir uns nicht überwinden.

Wir wünschen dem auch von IKEA offen als Experiment bezeichneten Vorhaben in unserem Stadtteil, dass es auf der ganzen Linie scheitert.

Je schneller desto besser - damit wir dann die Investitionsruine einer Nutzung für die Allgemeinheit zuführen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


Anwohner_innen von Altona Altstadt - Weiteres auf:
www.altopia.blogsport.de




Kamera: Dr. Dierkson
Schnitt: Rafschnitte

Musik:
Bad Idea
ZERSTOERER ("IKEA ist Gott")

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