..laut gedacht in der Corona-Zeit in Hamburg.
Vorweg: Mich als Filmemacherin fasziniert diese Zeit der gegenwärtigen Protestbewegungen.
Die begleitende, einseitige Berichterstattung erinnert doch stark an die Bambule-Zeit (2002/2003)
Die Aufgabe der Mainstream-Medien, so glaubte ich damals, sei es, beide Seiten einer Medaillie darzustellen oder das ganze Spektrum eines Ereignisses wieder zu geben. Das ist, laut öffentlich rechtlicher Sendeanstalten ihr Auftrag.
Damals gab es noch kein YouTube, Telegram oder Twitter. es gab TV und Zeitungen wie Bild, Mopo und die Taz, den Spiegel. Vor allem hatte sich Spiegel TV damit hervorgetan, Bauwagenplätze als fiese Krankheitsherde oder Nest von "asozialen Punkern" zu „framen“ gemeinsam mit der Bildzeitung.
Ja, a-soziales Verhalten eines Einzelnen kann eine ganze Gruppe diskreditieren!
Unerwähnt blieb damals zur Bambulez-Zeit beim Spiegel, dass es eine akzeptable, alternative Wohnform für ein selbstbestimmtes Leben sein kann. In einem Bauwagen wohnen anstatt im Beton hausen.
Die einseitige Berichterstattung der Medien war zumindest der Auslöser, um ein eigenes Medium zu gründen, mit befreundeten Künstlern.
"Feuerlöscher TV" als alternatives Medium, das monatlich auf dem offenen Kanal ausgestrahlt wurde, und, wie es zu dem Namen kam ist eine andere Geschichte.., aber wir zeigten das, was der Mainstream nicht zeigte. Einer unserer Slogans lautete: Wir löschen den Mainstream!
Damals gab es diesen Begriff "mainstream-medien" so noch nicht, aber das nur nebenbei..
Wir wollten das zeigen, was die großen Sender ausließen, weil es nicht in ihre Welt zu passen schien.
Wenn man also als Redakteurin eine Sache unterstützen möchte, die von den Medien angegriffen wird, fokussiert man sich auf das, was man als das Positive der Sache bezeichnen könnte, weil einem das Negative bereits zur Genüge um die Ohren geschlagen wurde, bis es blutet.
Will man also als Sender bzw. Redakteur eine Sache oder Person diskreditieren, stellt man logischerweise das Negative in den Mittelpunkt seines Beitrages und sucht sich passende Gegensprecher - und wenn man sie nicht findet, bringt man sie selber mit oder dichtet ein paar Verse darauf! Und das ist das Phänomen Berichterstattung.
Wenn sich die Fürsprecher, aus welchen Gründen auch immer, nicht so toll artikulieren können, sucht man sich jemanden vor Ort, der es gut machen kann! Das ist legitim. Das gilt eben so für die Demo-Sprecher vor Ort.
Weder Spiegel TV noch Feuerlöscher TV sind auf der Corona-Demo z.B. am 13.11.21 neutrale BerichterstatterInnen gewesen, wobei Feuerlöscher TV nun mal von Natur aus mehr Kunst als Journalismus macht - und gerne experimentiert.
Man kann aber trotzdem sagen, beide Medien spiegeln ihre subjektive Sicht auf die Demonstration wider. Das gilt eben so für alle weiteren alternativen Online-Medien, die vor Ort sind. Ein Einzelner kann nur an einem Punkt zur Zeit sein.
Als Medien-Rezipienten können wir heute anhand des im Netz veröffentlichten Video-Materials aller Berichterstattenden das vermeintliche Ganze sehen.
Wobei es so viele Perspektiven gibt, wie es Zeugen gibt, aber weil nicht jeder eine Kamera dabei hat oder sein Handy zückt, wenn`s spannend wird, kann immer noch etwas fehlen.
Alle zusammen genommen geben also nur ein kleines Stück der Wirklichkeit des Ereignisses wieder.
Hinzu kommt noch, dass Ereignisse wie kleine Filmszenen vor Ort inszeniert sein können, ohne dass die herum stehenden Zeugen bemerken, dass es inszeniert ist, dass es Schauspieler sind, die sich vorher abgesprochen haben. Die Zeugen werden dann selber Teil des Films. Das wirkt aus Sicht des Regisseurs dann besonders authentisch. In der Filmgeschichte wurden die ersten dokumentarischen Filme zu historischen Ereignissen teilweise nachgestellt. Damals wie heute: Merke: Es gibt keine objektive Berichterstattung.
Aber das nur mal als kleiner Schlenker aus der Welt der schillernden Medien.
Zurück zur Bambule-Demo-Zeit. Die inszenierten Anti-Bilder von Spiegel und co. konnten die Solidarität mit den BauwagenbewohnerInnen trotzdem nicht stoppen. Am Ende waren zigtausende auf der Strasse und skandierten "Schill muss weg". Die Demonstranten kamen aus allen Schichten und Gruppierungen - von links bis rechts - vom Punker bis zum Spiesser, vom Arbeitslosen bis zum Millionär waren alle auf der Straße! Wie heute auf den Corona-Demos, die von den Medien und anderen Interessen-Gruppen als "Nazipack", "Verschwörungsideologen" usw. beschimpft werden, so wie damals eben die Bauwagenbewohner diskreditiert werden sollten.
Das selbe Muster..
Die Anhängerschaft der Demonstrationen löste sich dann auf, als der Innensenator Schill vom Bürgermeister Ole von Beust gefeuert wurde. Dies wurde als vermeintlicher Triumph gefeiert, wobei die Bauwagenplätze bis heute, ein vom Gesetz her befristetes Modell einer alternativen Lebensweise geblieben sind und die Bambule nie wieder zurück gekehrt ist.
Die Demos gegen die Corona-Maßnahmen werden wahrscheinlich ein ähnliches Schicksal erfahren. Irgendwann ist die "Pandemie" vorbei, sind unsere Grundrechte wieder hergestellt und die Maßnahmen werden aufgehoben und jeder geht wieder seinem Traum vom schönen Leben nach, ohne dafür kämpfen zu müssen, auf der Straße.
Was übrig bleibt aus dieser Zeit werden wir in Zukunft sehen.
Heute stehen auf dem Bambule-Areal mit Blech und Holz verkleidete Beton-Klötze in denen Menschen wohnen, soweit ich weiss.
Autorin: Skrollan Alwert, Filmemacherin
17.11.2021 Hamburg
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